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Einbeziehung eines negativen Kapitalkontos in die Berechnung des Veräußerungsgewinns eines gegen Entgelt aus einer KG ausscheidenden Kommanditisten

(Stand: 15.09.2015)

Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ist ein von ihm nicht auszugleichendes negatives Kapitalkonto bei der Berechnung seines Veräußerungsgewinns in vollem Umfang zu berücksichtigen. Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist, stellte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 09.07.2015 (IV R 19/12) klar.

Im zugrundeliegenden Fall war der Kläger bis zu seinem Ausscheiden zum 31.12.1999 Kommanditist einer GmbH & Co. KG mit einer Kapitaleinlage von (einschließlich Agio) 105.000 DM.

In den Jahren 1981 bis 1990 wurden dem Kläger im Wesentlichen zunächst Verlustanteile und seit 1991 bis zu seinem Ausscheiden Gewinnanteile zugewiesen. Der auf den Kläger insgesamt entfallende Verlustanteil - nach Verrechnung mit den Gewinnanteilen - betrug 75.377,64 DM.

Seit 1984 nahm die GmbH & Co. KG sog. "Ausschüttungen aus der Liquidität" für alle Kommanditisten vor. Die jeweiligen Beträge verbuchte sie als Entnahmen der jeweiligen Anteilseigner auf deren Kapitalkonten. Der auf den Kläger verbuchte Anteil betrug insgesamt 77.903,41 DM.

Grundsätze der Ermittlung des steuerlichen Veräußerungsgewinns

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören – wie der BFH zunächst ausführte - nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der dabei zu berücksichtigende Veräußerungsgewinn oder -verlust der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Der Wert des Anteils am Betriebsvermögen ist für den Zeitpunkt des Ausscheidens nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Veräußerungsgewinn bei Ausscheiden eines Kommanditisten

Scheidet ein Kommanditist aus einer KG aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen kraft Gesetzes den verbleibenden Gesellschaftern zu (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der im Streitjahr geltenden Fassung). Steuerlich ist hierin grundsätzlich eine Veräußerung des Gesellschaftsanteils an die verbleibenden Gesellschafter zu sehen, sofern dieser Vorgang entgeltlich erfolgt. Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ergibt sich der Veräußerungsgewinn daher aus der Differenz zwischen den dem Ausscheidenden aus diesem Anlass zugewandten Leistungen und seinem Kapitalkonto.

Als Veräußerungspreis ist danach zunächst der Abfindungsanspruch des Klägers gegen GmbH & Co. KG in Höhe von 23.192 DM zu berücksichtigen. Dem Veräußerungspreis ist der Wert des Anteils am Betriebsvermögen, d.h. das Kapitalkonto des Klägers gegenüberzustellen. Dieses war zum maßgeblichen Stichtag (31.1999) negativ (./. 48.281,05 DM).

Einbeziehung auch eines negativen Kapitalkontos

Der BFH betonte, dass auch ein negatives Kapitalkonto dem Veräußerungspreis gegenüberzustellen ist und damit rechnerisch zur Erhöhung eines Veräußerungsgewinns führt, soweit es nicht ausgeglichen wird, und es dabei nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist.

Weitere Ausführungen des BFH

In der Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass in den Veräußerungsgewinn des ausscheidenden Kommanditisten der Teil seines negativen Kapitalkontos einzubeziehen ist, der auf ausgleichsfähige Verluste zurückzuführen ist. Gleiches gilt für den Teil, der auf nach § 15a EStG lediglich verrechenbaren Verlusten beruht; Letzterer bleibt im Ergebnis allerdings ohne ertragsteuerliche Auswirkung, da der Gewinn aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos insoweit um den für den Kommanditisten festgestellten verrechenbaren Verlust zu mindern ist.

In den Veräußerungsgewinn des ausscheidenden Kommanditisten ist aber auch der Teil seines negativen Kapitalkontos einzubeziehen, der auf Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG zurückzuführen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Entnahme um nach dem Gesellschaftsvertrag rückzahlungspflichtige oder nicht rückzahlungspflichtige Auszahlungen handelt. Eine etwaige Rückzahlungspflicht kann indes den Veräußerungsgewinn mindern.

Entnahmen, die den Anfall eines negativen Kapitalkontos bedingen oder ein solches Konto weiter belasten, werden dem Mitunternehmer aufgrund der Hinzurechnungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht als Verluste zugerechnet. Sie erhöhen vielmehr - gleich einer nachträglichen Änderung der Gewinnverteilung - den aus der mitunternehmerischen Beteiligung erzielten Vermögenszuwachs des Gesellschafters.

Ebenso wie ein durch Zurechnung von Verlusten negativ gewordenes Kapitalkonto bringt auch ein durch Entnahmen negativ gewordenes Kapitalkonto im Verhältnis der Gesellschafter untereinander zum Ausdruck, dass der belastete Gesellschafter am künftigen Vermögenszuwachs der Gesellschaft bis zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos nicht beteiligt ist, vielmehr seine Gewinnanteile den Mitgesellschaftern überlassen muss (vgl. § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Diese Belastung, das Kapitalkonto mit zukünftigen Gewinnen auszugleichen, entfällt jedoch mit dem Ausscheiden des Kommanditisten aus der Gesellschaft und geht auf die verbleibenden Gesellschafter über. Insoweit erlangt der Ausscheidende mit der Befreiung von der Verpflichtung, das negative Kapitalkonto mit zukünftigen Gewinnen auszugleichen, eine Gegenleistung für die Veräußerung seines Kommanditanteils.

Der Veräußerungsgewinn ermittelte sich in dem Fall daher wie folgt:

Kapital des Klägers100.000,00
zzgl. Agio  5.000,00
105.000,00
abzgl. Saldo aus Gewinn- und Verlustzuteilungen./. 75.377,64
29.622,36
abzgl. Ausschüttungen aus Liquidität./. 77.903,41
entspricht dem negativen Kapitalkonto zum 31. Dezember 1999./. 48.281,05
 23.192,00
Betrag des negativen Kapitalkontos48.281,05
zzgl. Auseinandersetzungsguthaben23.192,00
Veräußerungsgewinn71.473,05