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Vertrauensschutz für Bauleistende bei nicht eingetretener Umkehr der Umsatzsteuerschuldnerschaft

(Stand: 06.10.2015)

Wie bereits das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss v. 03.06.2015 - 5 V 5026/15) hat nun auch das Finanzgericht Münster in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass bei fehlender Umkehr der Umsatzsteuerschuldnerschaft (Reverse-Charge-Verfahren) einer Inanspruchnahme des Bauleistenden Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen stehen können.

Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 2005 schuldet (ausnahmsweise) der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer bei bestimmten Bauleistungen, wenn er selbst Bauleistungen erbringt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22.08.2013 (V R 37/10) den Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich eingeschränkt. Der Leistungsempfänger ist nach dem Urteil nur dann Schuldner der Umsatzsteuer aus den von ihm beauftragten und unter die Vorschrift fallenden Bauleistungen, wenn er die an ihn erbrachten Leistungen seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Danach sind z. B. Bauträger für die von ihnen in Auftrag gegebenen Bauleistungen nicht mehr Schuldner der Umsatzsteuer. Die Finanzverwaltung schloss sich dieser Rechtsansicht zwar an, doch blieb es unklar, ob die Steuer dann rückwirkend von den Bauleistenden eingefordert werden kann oder ob diese sich auf den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO berufen können, da mit dem Kroatien-Steueranpassungsgesetz eine Abtretungsregelung in Form des § 27 Abs. 19 UStG geschaffen wurde, welche den Ausschluss des Vertrauensschutz an dieser Stelle bezweckt.

Nach Ansicht des Senats ermöglicht § 27 Abs. 19 UStG nicht zwingend eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung, auch wenn er seinem Wortlaut nach den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO ausschließt. Im Rahmen der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich summarisch vorzunehmenden Prüfung kam der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit des § 27 Abs. 19 UStG mit dem Verfassungsrecht und mit Europarecht bestehen.